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Freitag, 20. Juni 2014

Oh-Oh-Ohdessa !

Belgien besiegt Algerien. In den Strassen von Odessa. Dann schlafe ich bei Katharina.
An zentraler Lage finde ich das Hotel von Katharina II., die der Stadt den zungenschmelzenden Namen Odessa gegeben hat.
Auch wenn die Altstadt mit ihren vielen modernen Trink- und Esslokalen (und den überall laufenden Fussball-Bildschirmen) viel Gemeinsames mit andern Städten hat, ist sie doch besonders. Sie ist nicht zu gestresst, nicht zu aufgesetzt, nicht zu lärmig, zu überfüllt. Sie hat immer wieder ruhige Plätze und kleinere Parks. Mit ihren bequemen Stühlen und Sofas (und Decken für very sommerlich bekleidete Frauen) laden die Lokale zum Bleiben ein. Die Servierer und -Innen sind aufmerksam und schwatzen auch mal mit einem. Wie ich die (offensichtlich legendären) schönen Frauen finde, werde ich gefragt. Lustig: Da schwärmen die Rumänen von ihren Schönen, die Moldavier sagen, ihre seien noch schöner, und in der Ukraine erst, sagt Mann, da seien die allerschönsten mit den längsten Beinen. So wird der Sextourist letztlich im noch ferneren Osten landen, bei den krummen, weissen Beinchen der Chinesinnen und Japsbanerinnen…



Ich entscheide mich für ein Entenbein. Prima zubereitet, und Belgien führt auf dem grossen Bildschirm mit 2 : 1. Dazu ein georgischer Wein. Später wiegen Trompetenklänge aus einem entfernteren Haus den zufriedenen Reisenden in den Schlaf.
Am Morgen erwacht er mit Geige. Jemand übt nebenan. Vom Hafen her sind die dumpfen Töne von Arbeit zu hören.
Zwei Minuten vom Hotel befindet sich die Potjomkinsche Treppe, die zum Hafen hinunter führt.



Eigentlich ist es umgekehrt gemeint: Dass sie die Ankommenden vom Hafen hinauf zur Stadt führt. Sie ist daher oben weniger breit als unten, was ihr eine imposantere Länge verleiht. Berühmt wurde sie durch einen berühmten Film: Sergej Eisenstein liess in „Panzerkreuzer Potjomkin“ Soldaten auf dieser Treppe auf Arbeiter losgehen. Diese Potjomkin-Revolutionssymbolik gefiel den Sowjets später, nur übersahen sie, dass Potjomkin eigentlich der Name eines Fürsten gewesen war. Und all das ist den heutigen dort positionierten Souvenir- und Kaffeeverkäufern genauso egal wie den auf dem anschliessenden Platz sich treffenden Auto-Idioten, die auf dem fein abgeschliffenen Steinplattenboden ihre aufgemotzten Toyotas und German cars heulende und quietschende Runden drehen lassen.  
Die Strassen und ihre Häuserreihen haben eine gewisse Beschaulichkeit. Ob alt und am Zerfallen oder in renoviertem Zustand – man will stehen bleiben, sie betrachten und Details entdecken. Auch moderne, gewagte Eingriffe schockieren nicht, wie zum Beispiel die Glasfassade, in der sich nicht Kälte, sondern ein Baum und ein alter Balkon mit aufgehängter Wäsche spiegeln.














Ob die Uferpromenade dem Schwarzen Meer gefällt, ist eine andere Frage. Die lieblich-ärmlichen Teile mit ihren durch Bäume und kleine Plätze lustwandelnden Wegen, an denen Bänke und Ramschstände stehen, korrespondieren – fach-dümmlich gesagt – mit neuen, süss-hässlichen, oversized Life-is-fun-Palästen, in denen sich Delphine und Menschen mit Kreditkarten tummeln.